25.03.2020

Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Verdienstausfall

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In der derzeitigen Corona-Pandemie werden diverse Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ergriffen um die Krise einzudämmen. Hervorzuheben sind hier vor allem Kita- und Schulschließungen, Quarantäne sowie der Ausspruch von Beschäftigungsverboten. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Entschädigung der Betroffenen nach dem IfSG.

1. Entschädigung bei behördlicher Anordnung eines Tätigkeitsverbotes 

Im Falle der behördlichen Anordnung von Quarantäne und einem Beschäftigungsverbot kann sich ggf. ein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) für den Betroffenen ergeben. Dieser ist vom Arbeitgeber zu beantragen, da dieser zunächst im Falle des Beschäftigungsverbotes/einer Quarantäne zur Lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, diesen Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers aber nach Beendigung der behördlichen Anordnung gegenüber der Behörde geltend machen kann und bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Ausgleich der Vorleistung erhält. Nachfolgend finden Sie zunächst einen Überblick über die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch des Arbeitnehmers und praktische Hinweise für die Beantragung.

1.1 Allgemeines
Die zuständige Behörde kann gemäß § 31 S.2 IfSG ein berufliches Tätigkeitsverbot anordnen, wenn Krankheitsverdächtige oder Ansteckungsverdächtige Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht. Die Anordnung des Tätigkeitsverbotes erfolgt von Seiten der zuständigen Behörde (Gesundheitsamt) in Form eines Bescheides. Dieser wird dem Betroffenen zugestellt. Gemäß § 56 Abs.1 IfSG erhält derjenige, dem die Ausübung seine Erwerbstätigkeit untersagt wurde und dadurch einen Verdienstausfall erleidet in der Folge eine Entschädigung in Geld. Die Entschädigungshöhe bemisst sich dabei nach dem Verdienstausfall.

Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber gemäß §56 Abs. 5 IfSG für die Dauer des Arbeitsverhältnisses jedoch längstens für 6 Wochen, soweit tarifvertraglich nicht anders geregelt, die Entschädigung der zuständigen Behörde zunächst auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber gemäß § 56 Abs.5 IfSG aber auf Antrag beim zuständigen Gesundheitsamt erstattet, wenn alle Voraussetzungen für das Antragsverfahren vorliegen. Der Antrag ist gemäß § 56 Abs.11 IfSG innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Quarantäne geltend zu machen.
Selbstständig Tätige stellen den Antrag auf Entschädigung direkt bei dem zuständigen Gesundheitsamt.

1.2. Verhältnis zur Entgeltfortzahlung auf sonstiger Grundlage 
Nicht ausdrücklich geklärt ist das Verhältnis der Entschädigung nach dem IfSG zu den sonst gegen den Arbeitgeber gerichteten Entgeltfortzahlungsansprüchen. Dies betrifft vor allem den Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bei tatsächlicher Erkrankung des Arbeitnehmers und den Anspruch auf Lohnfortzahlung bei persönlicher Verhinderung nach § 616 BGB.

Die Entschädigungspflicht nach § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG setzt ausdrücklich voraus, dass der Arbeitnehmer einen „Verdienstausfall“ erleidet. Solange also der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen seinen Arbeitgeber hat, wird der Verdienstausfall bereits anderweitig ausgeglichen. Ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG scheidet deshalb aus. Gleiches muss auch für den Anspruch auf Lohnfortzahlung bei persönlicher Verhinderung nach § 616 S.1 BGB gelten. Es wird zwar von der Rechtsprechung angenommen, dass ein Beschäftigungsverbot bzw. eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ein in der Person des Arbeitnehmers liegendes unverschuldetes Leistungshindernis darstellte und aufgrund der vorrübergehenden Verhinderung nach § 616 S.1 BGB ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber besteht.

Ungeklärt ist jedoch, für welchen Zeitraum von einer „vorübergehenden“ Verhinderung gesprochen werden kann. Die von der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang vorgeschlagene Dauer von bis zu sechs Wochen erscheint unter dem Gesichtspunkt des angemessenen Ausgleiches der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen hier wesentlich zu lang zu sein. Überzeugender und rechtssicherer dürfte nach unserer Auffassung, eine Begrenzung des Anspruches auf 5 Werktage sein. Eine baldige Klarstellung durch die Arbeitsgerichte wäre wünschenswert.

Im Übrigen sei anzumerken, dass der Anspruch nach § 616 BGB nur dann überhaupt bestehen kann, wenn dieser nicht arbeits- oder tarifvertraglich bereits von vornherein ausgeschlossen wurde. In einem solchen Fall bleibt es bei einem möglichen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG. Der Entschädigungsanspruch nach dem IfSG kommt demnach nach derzeitiger Rechtslage nur zum Tragen, wenn keine anderweitigen Ansprüche auf Entgeltfortzahlung bestehen. 

1.3. Erforderliche Antragsunterlagen im Überblick
Im Folgenden haben wir Ihnen einen Überblick über die erforderlichen Antragsunterlagen für die Beantragung der Entschädigung zusammengestellt. Die erforderlichen Antragsunterlagen können dabei je nach Bundesland variieren. Beispielhaft ist hier das Bundesland Hessen hervorzuheben. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Voraussetzungen bundesweit ähnlich sein werden:

Arbeitgeber:

  • Antrag (erhältlich bei der jeweils zuständigen Behörde zum Teil als Download vorhanden)
  • Nachweis über die Höhe des Arbeitsentgeltes 
  • Nachweis über abzuziehende Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung
  • Nachweis über gezahlte bzw. nicht gezahlte Zuschüsse
  • Krankenscheine bei Krankschreibung
  • Bescheid über das Tätigkeitsverbot und dessen Aufhebung
  • Auszug aus Tarifvertrag über die Entgeltfortzahlung bei Arbeitsverhinderung

Selbstständige:

  • Antrag (erhältlich bei der jeweils zuständigen Behörde zum Teil als Download)
  • Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten Jahreseinkommens (oder betriebswirtschaftliche Auswertung / BWA des Steuerberaters)
  • Krankenscheine bei Krankschreibung
  • Bescheid über das Tätigkeitsverbot und dessen Aufhebung

Sollten wir noch weitergehende Informationen zu den jeweiligen Antragserfordernissen der Bundesländer erhalten, werden wir Sie darüber selbstverständlich weiter informieren.

1.4. Ansprechpartner im Überblick
Nachfolgend haben wir Ihnen die für Sie zuständigen Ansprechpartner für die Beantragung zusammengestellt: 

  • Bremen: Ordnungsamt (für Bremen), Sonderzuständigkeit für den Hafenbereich: Hansestadt Bremisches Hafenamt, Telefon: 0421 3619502, E-Mail: office@hbh.bremen.de
  • Bremerhaven:  Magistrat der Stadt Bremerhaven, Telefon: 0471 5900, E-Mail: Stadtverwaltung@magistrat.bremerhaven.de
  • Hamburg: Zuständig sind die jeweiligen Bezirksämter; Sonderzuständigkeit für den Hafenbereich und am Flughafen: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Hotline für Hamburg zum Coronavirus: Telefon: 040 428 284 000
  • Mecklenburg-Vorpommern: Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern Dezernat Soziales Entschädigungsrecht
  • Niedersachsen: Zuständig sind die jeweiligen Gesundheitsämter
  • Sachsen-Anhalt: Landesverwaltungsamt, Referat Gesundheitswesen, Pharmazie, 06112 Halle (Saale)
  • Schleswig-Holstein: Landesamt für soziale Dienste Dienstsitz Schleswig, 24837 Schleswig, Sandra Droese, E-Mail: sandra.droese@lasd.landsh.de, Telefon 0461 80645, Sabrina Koll, E-Mail: Sabrina.koll@lasd.landsh.de, Telefon 0641 80633
  • Thüringen: Thüringer Landesverwaltungsamt, Referat 550 – Gesundheitswesen, 99403 Weimar, Telefon: 0361 57 3321 317

2. Entschädigung wegen Kita und Schulschließungen 

Die Corona-Pandemie stellt auch Eltern vor große Herausforderungen. Die Bundesregierung hat darum ihr Maßnahmenpaket zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie erweitert und unterstützt nun auch Eltern verstärkt mit finanziellen Hilfen. Laut Presseerklärung der Bundesregierung vom 23. März 2020 sollen Eltern, die wegen Schul- und Kitaschließungen nicht zur Arbeit können und deshalb finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, für den Verdienstausfall ebenfalls eine Entschädigung nach dem IfSG erhalten. Hierzu soll eine entsprechende Regelung für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas in das IfSG aufgenommen werden. Betroffene Eltern sollen vom Staat nach der neuen Ausgleichsregelung mit bis zu 2016 Euro im Monat entschädigt werden.

Nach Angaben des Bundesministeriums soll die Entschädigung 67 Prozent des Nettoeinkommens betragen und für eine Höchstdauer von 6 Wochen gewährt werden. Voraussetzung für den Anspruch wird wohl sein, dass keine andere zumutbare Betreuung (anderer Elternteil, Notbetreuung, Tagesmutter) zur Verfügung steht und das zu betreuende Kind nicht älter als 12 Jahre alt ist. Ferner wird wohl kein Anspruch bestehen, wenn andere finanzielle Ausgleichsmöglichkeiten existieren, wie der Bezug des Kurzarbeitergeldes oder ein Zeitkontenausgleich. Die Beantragung wird wohl über den Arbeitgeber bei den zuständigen Landesbehörden erfolgen können.

Wir werden Sie auch hierüber im Einzelnen informieren, sobald uns weitergehende Informationen über die genauen Antragserfordernisse vorliegen.

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